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Zeittafel
Fränkische Zeit
Die fränkischen Gräberfelder von Gellep
Die Gräber der frühen Frankenzeit
von Renate Pirling
ie kontinuierliche Belegung der Gelleper Gräberfelder von der spätrömischen in die fränkische Zeit hinein hatte sich schon bei den ersten Grabungen Albert Steegers angedeutet. Es war eine glückliche Fügung, dass er 1934 den Spaten da ansetzte, wo das chronologische Spektrum der Funde am breitesten war. Vom Anfang des 4. bis an den Beginn des 8. Jahrhunderts reichen die Gräber, die er als erste aufgedeckt hatte. Die Sonderstellung Gelleps war schon damals klar geworden, und sie gab den
Anreiz, die Grabungen zügig weiterzuführen. Die römischen
Gräberfelder brechen gewöhnlich mit dem Abzug der regulären Truppen am Beginn des 5. Jahrhunderts ab, und die
fränkischen setzen frühestens am Ende des 5. Jahrhunderts ein, dazwischen klafft eine Lücke. Die Grabfunde aus Gellep können diese ausfüllen. Zwar haben inzwischen auch andere Fundorte Material des 5. Jahrhunderts geliefert, doch ist der Fundstoff allgemein sehr spärlich und wiegt insgesamt den von Gellep nicht im Entferntesten auf. Freilich erweist sich auch hier die im
5. Jahrhundert weithin übliche Bestattung ohne alle Beigaben als für die Auswertung äußerst hinderlich. Doch massieren sich die sehr zahlreichen beigabenlosen Gräber ganz auffällig an zwei Arealen im Anschluss an Bestattungen des 4. Jahrhunderts. Sie lassen sich in ihrer Mehrzahl auf Grund von gelegentlichen Überschneidungen und wegen der Grabrichtung, die von der spätrömischen Zeit abweicht, mit großer Wahrscheinlichkeit dem 5. Jahrhundert zuweisen. Beigaben, die zweifelsfrei in das 5. Jahrhundert zu datieren sind, enthält nur eine kleine Zahl von Gräbern, die inmitten der Masse der beigabenlosen angetroffen wurden. Bezieht man letztere in die Betrachtung mit
ein, so zeigt sich, dass im 5. Jahrhundert in Gellep mit einer ganz erheblichen Bevölkerungszahl zu rechnen ist. Eine unlängst durchgeführte Modellrechnung hat ergeben, dass die Zahl der Bestattungen pro Jahr im 5. Jahrhundert höher als während der Merowingerzeit, dem 6. und 7. Jahrhundert, gewesen sein muss. Aber im
5. Jahrhundert weist nur eine von 33 Bestattungen Beigaben auf.
Es versteht sich von selbst, dass diese wenigen Gräber für die archäologische Forschung von besonderem Interesse sind. Eines der ersten von Albert Steeger ausgegrabenen, Nr. 43, hat gleich nach der Aufdeckung Aufsehen erregt. Es handelt sich um das Grab eines Kriegers, das bald nach der Mitte des 5. Jahrhunderts inmitten einer Gruppe von beigabenlosen Gräbern angelegt wurde. Bei der Ausgrabung war deutlich zu erkennen, dass ein nachträglich angelegter Schacht bis zur Sohle des Grabes geführt war, der nur von antiken Grabräubern angelegt sein konnte. Es muss also damit gerechnet werden, da etliche Beigaben entwendet wurden, dennoch war die Ausstattung noch reich und ungewöhnlich.
Sie bestand aus einem eisernen Langschwert, etlichen zum Wehrgehänge gehörenden Schnallen und Beschlägen aus Bronze, drei eisernen Pfeilspitzen, einem Feuerstahl mit Feuerstein, einer Pinzette, einer Schale aus Terra sigillata und, als markantestem Stück, einem prächtigen gläsernen Trinkbecher
(Abb. 2). Dieser weist in zwei Reihen auf die Wandung aufgesetzte, von innen her hohle rüsselartige Erhöhungen auf, die derartigen Gläsern den Namen „Rüsselbecher“ eingetragen haben. Ihre Herstellung muss in fränkischem Gebiet erfolgt sein, doch geht die Form zweifellos auf allem im 7. Jahrhundert, römische Vorbilder zurück. Wir kennen eine ganze Reihe von römischen Gläsern mit rüsselähnlichen Auflagen, meist degenerierte Delphine oder anderes Seegetier darstellend, die teilweise auch von innen her hohl sind. Von ihnen ließen sich fränkische Glasbläser wahrscheinlich inspirieren. Die Herstellung eines
Rüsselbechers war schwierig, und ebenso schwierig war es, daraus zu trinken. Die Rüssel sind im oberen Teil hohl, so dass die Flüssigkeit beim Füllen des Glases zugleich in den Rüssel hineinlief, was den beabsichtigten Effekt ausmachte. Der Glasbecher stand in Grab 43 außerhalb des Sarges am Grubenrand, flankiert von großen Tuffsteinbrocken, die ihn auf das Beste schützten, so dass er nahezu unversehrt geborgen werden konnte. An der rechten Seite des Toten lag seine wichtigste Waffe, das zweischneidige Schwert, „Spatha genannt. Der Griff war aus Elfenbein gefertigt, die Klinge bestand aus Eisen, sie steckte in einer Scheide aus Eichenholz, die völlig auf die Klinge aufgerostet ist. Sie schließt oben mit einem bronzenen Band ab, das mit Wellenornamenten verziert ist. Unten endigt sie in eine bronzene, U-förmige Zwinge, ein so
genanntes Ortband, das auf der Vorderseite eine bärtige menschliche Maske mit zwei armartigen Gebilden trägt, die in Vogelköpfen enden, ein Motiv, das aus dem nordgermanischen Formenschatz stammt
(Abb. 5). Nach allgemeiner, wohlbegründeter Ansicht wurden Schwerter in der Art des hier behandelten im Maasgebiet hergestellt, die Produkte der dortigen Werkstätten jener Zeit zeigen überraschend deutliche Einflüsse der nordischen Ornamentik.
An Waffen fanden sich in Grab 43 außer der Spatha noch drei eiserne Pfeilspitzen. Die Beigabe von Pfeilen in der Dreizahl ist seit der jüngeren Kaiserzeit in germanischen Gräbern häufig zu beobachten und wohl rituell begründet. Zu den Gebrauchsgegenständen, die der fränkische Herr ins Grab mit bekam, zählte neben einer bronzenen Pinzette ein Feuerzeug, bestehend aus Feuerstein mit Feuerstahl. Letzterer ist aus Eisen gefertigt, trägt eine kleine Schnalle, mit der er am Gürtel befestigt werden konnte, und endete auf beiden Seiten in Vogelköpfen. Die
Oberseite ist mit aus Silber und Messing eingelegten Ornamenten reich verziert
(Abb. 4). Die Metalleinlegekunst, Tauschierung genannt, haben die
Franken von den Römern übernommen und später, im 6. und vor allem im 7. Jahrhundert, zu hoher Blühte gebracht. In der frühen Frankenzeit, der unser Grab 43 angehört, sind in dieser Technik gearbeitete Stücke sehr selten. Das Rüsselbechergrab muss in der Zeit bald nach der Mitte des 5. Jahrhunderts angelegt worden sein.
Dafür sprechen vor allem Form und Ornamente mehrer zum Wehrgehänge gehörender kleiner Bronzeschnallen, die deutliche Anklänge an die Kerbschnittschnallen der spätrömischen Zeit aufweisen. Eine dem Toten als Obulus mitgegebene Münze scheidet leider für die zeitlichen Bestimmung aus, es ist ein völlig abgegriffenes Stück aus frührömischer, wahrscheinlich augusteischer Zeit und von den Franken wohl zufällig gefunden worden.
Als einziges
Gefäß außer dem
Rüsselbecher stand am Fußende ein einfacher Teller aus Tetra sigillata mit sehr starken Abnutzungsspuren. Die Grabsitten haben sich gegenüber der
römischen Zeit völlig geändert. Die Mitgabe von Speise und Trank, die bei den
Römern eine so große Rolle spielte, scheint unwichtig geworden zu sein. Neu ist die Ausstattung der Männergräber mit Waffen. Einzelne, meist Äxte oder Lanzenspitzen, waren uns in Gellep schon in Gräbern des 3. und 4. Jahrhunderts begegnet und als Indiz für
germanische Einflüsse gewertet worden. Der in Grab 43 beigesetzte Herr hatte Langschwert und Pfeilspitzen auf den Weg ins Jenseits mit bekommen, möglicherweise auch noch weitere Waffen, die den Grabräubern in die Hände gefallen sein mögen. Zweifellos handelt es sich um einen vornehmen
Franken. Zur Zeit seines Todes, nach der Mitte des 5. Jahrhunderts, war nach neuen Erkenntnissen das
Kastell Gelduba noch bewohnt. Wenn es, was durchaus möglich ist, auch noch militärische Funktionen hatte, dann wäre der Besitzer des prächtigen Rüsselbechers als einer der Anführer zu betrachten. Mit der Ausstattung seines Grabes wird die auf den Reihengräberfeldern der Merowingerzeit übliche mit einzelnen Gefäßen, Ausrüstungsgegenständen und Waffen vorweggenommen.
ei den Frauengräbern wird jetzt die Beigabe von Schmucksachen üblich. Dabei spielen Fibeln eine wichtige Rolle. Sie werden meist paarweise getragen, in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts war auch das Tragen von mehreren verschiedenen Fibelpaaren in Mode. Außer den Tutulusfibeln, die uns schon begegnet sind, waren die „komponierten Schalenfibeln“ beliebt. Auf einer bronzenen, leicht konvexen Unterlage sind hauchdünne Beläge mit eingepresster Verzierung aufgelötet, die oft nur sehr fragmentarisch oder gar nicht mehr erhalten sind. Bei einem Fibelpaar mit vergoldeter Bronzeauflage, der einzigen Beigabe eines Frauengrabes (Nr. 1426, Abb. 75), sind noch deutlich das fünfteilige Spiralmotiv in der Mitte und der doppelte, innen
geperlte, außen gekerbte Rand zu erkennen. Von derartigen Fibeln wurden allein in Gellep neun Exemplare gefunden. Ihre Verbreitung reicht von der Elbmündung bis zur Seine und schließt die Siedlungsgebiete der Angelsachsen in Südengland ein.
ügelfibeln nennt man in der Archäologie längliche Spangen mit Kopf- und Fußplatte, die durch einen Bügel verbunden sind. Auf der Rückseite ist die aus Nadelhalter und Nadel bestehende Befestigungsvorrichtung angebracht. In vielfältigen, von der jeweiligen Mode diktierten Formen erscheinen diese Fibeln vom 5. Jahrhundert an, im Verlauf des 7. Jahrhunderts werden sie von anderen Fibelformen abgelöst. Bügelfibeln wurden ausschließlich von Frauen und fast immer paarweise getragen.
n Gellep fanden sich in mehreren Gräbern Fibelpaare, die als die ältesten Formen der fränkischen Bügelfibeln betrachtet werden können. Die Köpfe sind halbrund mit einem Kerbschnittmuster verziert, die Füße enden in Tierköpfen. Bei einem Paar (aus Grab 95, Abb. 76) haben auch die drei massiven Knöpfe an der Kopfplatte die Form von Tierköpfen.
ie tief eingeschnittenen Zickzack-Ornamente erinnern sehr deutlich an die spätrömischen Kerbschnittbronzen. In seinem großen Werk über die Bügelfibeln der Völkerwanderungszeit im Rheinland hat Herbert Kühn deren ältesten Formen, zu denen unsere Stücke aus Grab 95 gehören, die Bezeichnung „Krefelder Fibeln“ gegeben. An Beispielen aus Gellep lässt sich die weitere Entwicklung der Fibeln bis in das 7. Jahrhundert gut verfolgen. Sie werden flacher und blecherner, statt der drei weist die Kopfplatte bald fünf, später auch mehr Knöpfe auf, die dann entsprechend kleiner
und flacher sind.
benso deutlich wie bei den Fibeln ist die Entwicklung des für die fränkische Keramik typischen Tongefäßes, des „Knickwandtopfes“, an Beispielen aus Gellep abzulesen. Für rund zwei Jahrhunderte war die doppelkonische Gefäßform bestimmend. Sie wird in vielen Varianten in unzähligen Exemplaren in fränkischen Gräbern gefunden, immer nur ein, höchstens zwei Töpfe in einem Grab. Die Ausführung ist erstaunlich einheitlich. Aus schwach gemagertem Ton wird das Gefäß auf der Töpferscheibe geformt, die Außenfläche sorgfältig geglättet. Auf der Oberwand ist eine umlaufende Verzierung durch Rollrädchen, Stempel oder eingeritzte Wellenlinien angebracht (Abb. 7). Durch einen reduzierenden Brand erhalten die
Gefäße eine schwarz-graue Färbung, auf der Außenseite durch Glättung einen leichten Glanz.
m Anfang des 5. Jahrhunderts war noch eine bunte Vielfalt von Gefäßen im Gebrauch gewesen, manche davon deutlich von römischen Formen beeinflusst, wenn sie auch einen Vergleich mit deren Qualität allesamt nicht aushalten. Vom Ende des 5. Jahrhunderts an dominiert der grau-schwarze Knickwandkopf, gelegentlich begleitet von rauwandigen Krügen oder Schüsseln, die aus Töpfereien von Mayen in der Eifel stammen. Die dort produzierten Gefäße, die auch aus Gelleper Gräbern in etlichen Exemplaren zum Vorschein gekommen sind, lehnen sich in der Form eng an die spätantiken des
4. Jahrhunderts an.
Noch deutlicher ist die Abhängigkeit von der römischen Produktion bei den Gläsern zu erkennen, was sowohl für die Form als für die Technik gilt. Freilich hat sich auch hier, wie bei der Keramik, die Qualität auffallend verschlechtert. Die Wandung der Gefäße ist meist ziemlich dick, was den Gläsern ein plumpes Aussehen verleiht. Die Glasmasse ist blasig und hat die - natürliche - intensiv grüne oder gelbgrüne Färbung. Die Ränder sind in der Regel schlecht bearbeitet, manchmal die ganzen Gefäße etwas krumm und schief geraten. Die Formen zeigen anfangs noch ihre Herkunft aus dem Typenschatz der spätrömischen Glasindustrie. So gibt es in der ersten Hälfte
des
5. Jahrhunderts noch die geläufige römische Flaschenform mit Kugelbauch und engem Röhrenhals, die bald danach ganz verschwindet. Für diese Flaschen und Fläschchen, die bei den Römern zur Aufnahme von Ölen, Kosmetika, Medizin oder ähnlichem eine große Rolle spielten, bestand bei den Franken offenbar kein Bedarf. Auch auf Glasschalen legten sie keinen großen Wert. Solche kommen im 5. und frühen
6. Jahrhundert noch gelegentlich vor, verschwinden dann aber aus dem Repertoire der Glasbläser.
Umso wichtiger waren für die Franken Trinkbecher aller Art. Um die Mitte des 4. Jahrhunderts waren solche von konischer Form in Mode gekommen, so genannte Spitzbecher. Ungefähr gleichzeitig tauchen sie im Rheinland wie auch in allen anderen Zentren der römischen Glasindustrie auf: in Belgien und Nordfrankreich, in Italien, aber auch in Syrien und Ägypten. Die spätrömischen Becher haben noch eine Standfläche und lassen sich aufstellen. Das ist bei denen der fränkischen Zeit
nicht mehr der Fall. Die Entwicklung führte von niedrigen, gedrungenen Bechern zu immer höheren und schlankeren
(Abb. 110). Diese lassen sich beim besten Willen nicht aufstellen, was von den Herstellern durchaus beabsichtigt war. Der Benutzer sollte das Glas auf einen Zug leeren und dann umgekehrt auf den Tisch stellen. Die Franken hatten offensichtlich einen besonderen Hang zu Gefäßen deren Handhabung besondere Geschicklichkeit (wie bei den Rüsselbechern) oder aber besondere Trinkfestigkeit erforderte. Fast alle fränkischen Trinkbecher ermangeln einer Standfläche, obwohl es für die Glasbläser ein Leichtes gewesen wäre, solche anzubringen
(Abb. 2).
Nahezu alle Spitzbecher sind verziert, teils mit Riefen, die durch Blasen in eine Form entstanden, oder aber durch aufgelegte, seltener: in die Wandung eingeschmolzene, Glasfäden. Das Ritzen und Schleifen von Glas, bei den Römern eine geläufige Technik, war vollkommen verloren gegangen und tauchte, jedenfalls in Mitteleuropa, erst rund tausend Jahre später wieder auf. Auch das Anbringen von Henkeln beherrschten die fränkischen Glasbläser nicht mehr.
In römischer Zeit war Köln ein Zentrum der Glasindustrie, zeitweise das bedeutendste. Diese Stellung konnte es im 5. Jahrhundert nicht behaupten. Hatten sich für alle bisher behandelten in Gellep auftauchenden Glasformen Parallelen im Kölner Fundstoff aufzeigen lassen, so gilt dies nun nicht mehr. Die Formen, die als typisch für die Zeit des Übergangs betrachtet werden können, sucht man in Köln weithin vergebens. Schon ehe die Stadt 459 endgültig in die Hände der Franken fiel, muss sie ihre führende Rolle als Zentrum der Glasherstellung verloren haben.
Die Qualität der meisten Gläser der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts ist ausgesprochen schlecht. Die Produkte dieser Zeit werden gelegentlich als
„Waldglas“ bezeichnet, ein Begriff der eigentlich für die Gläser des hohen Mittelalters geprägt wurde. Gemeint ist damit die Herstellung in kleinen, ländlichen Werkstätten. Mit einer Vielzahl von ihnen ist im 5. Jahrhundert zu rechnen, wobei kaum eine bisher lokalisiert werden konnte. Es ist auch unbekannt, ob in Gellep selbst je Glas hergestellt wurde, bisher konnten keine Spuren von Glasöfen entdeckt werden.
Einzelne Spitzenstücke unter den Gläsern des 5. Jahrhunderts, zu denen der oben behandelte prächtige Rüsselbecher zu zählen ist, müssen in Werkstätten hergestellt worden sein, die noch unmittelbar in römischer Tradition arbeiteten. Sie lagen sicher in einiger Entfernung von der unruhigen Rheingrenze, vermutlich im nordgallischen Gebiet, dem heutigen Belgien oder Nordfrankreich, wo sie den Umbruch überdauert haben. Ihre Erzeugnisse wurden weithin verhandelt,
Rüsselbecher finden sich in alamannischen Gräbern und Höhenburgen Südwestdeutschlands, in Thüringen, im
angelsächsischen England und in Skandinavien.
Von der Mitte des
5. Jahrhunderts an begegnen uns in Gellep Grabausstattungen, wie sie später auf fränkischen Friedhöfen allgemein üblich werden sollten: einzelne Gefäße aus Ton und Glas, daneben Waffen bei den Männern, Schmuck und Fibeln bei den Frauen. Vorläufer davon hatte es vereinzelt schon im 4. Jahrhundert gegeben. Erst vom 6. Jahrhundert an wird diese Grabausstattung aber allgemein üblich.
Betrachtet man das Gräberfeld von Gellep insgesamt, so macht man eine höchst überraschende Entdeckung: vom 6. Jahrhundert an handelt es sich um zwei getrennte Gräberfelder, die rund 150 m voneinander entfernt gleichzeitig belegt wurden
(Abb. 78). Das eine, nordwestlich gelegene, wird von der spätrömischen Zeit, dem Ende des 3. Jahrhunderts, an kontinuierlich bis in den Beginn des 8. Jahrhunderts belegt. Hier bestatteten offensichtlich die einheimische, ursprünglich romanisierte Bevölkerung ihre Toten. Sie muss den Abzug der römischen Truppen in der ersten Hälfte des
5. Jahrhunderts und das Nachrücken neuer fränkischer Ansiedler relativ unbeschadet überstanden haben. Ein neues Gräberfeld wird im 6. Jahrhundert im Südosten begründet. Analysiert man die Beigaben der einzelnen Gräber, so zeigt sich, dass dieser neue Friedhofsteil seinen Ausgangspunkt von einem ungefähr in seiner Mitte gelegenen Grab genommen hat. Es ist das älteste dieser Gruppe, um das sich später die anderen scharen. Zugleich ist es das reichste in Gellep bisher entdeckte. Ihm soll das folgende Kapitel gewidmet werden.
Beschreibung der Funde
Raum 2
/
Vitrine 26 /
Abb. 1-4
Fränkisches Grab
Grab eines fränkischen Kriegers aus der Mitte des 5. Jahrhunderts
as Grab wurde 1936 entdeckt. Die Grabgrube war 2,30 x 1,30 m groß und 1,40 m tief. Auf der Sole befand sich eine Steinsetzung aus Tuffbrocken. Der Tote war mit seinem Langschwert bestattet worden. Auf dem Mündungsbeschlag der Scheide sind geometrische Kerbschnittornamente angebracht, am Ortband eine unheilabwehrende Menschenmaske zwischen zwei sie bedrohenden Vogelköpfen.
Zur Grabausstattung gehörten noch eine römische Tonschale, ein sogenannter "Rüsselbecher" (Glasbecher mit rüsselartigen Ausbuchtungen) Eine Pinzette, drei Pfeilspitzen, Messer und Feuerstahl mit Feuerstein. Eine Münze, die dem Toten als Obulus mitgegeben wurde, stammt aus frührömischer Zeit und ist für die Datierung des Grabes ohne Belang.
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