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LANDSCHAFTSVERBAND RHEINLAND
Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege
Archäologie im Rheinland
2005
Ausgrabungen an der spätmittelalterlichen
Wasserburg Hüls
von Patrik Jülich und Christoph
Reichmann
ei
Sanierungsarbeiten an der Ruine der kurz
nach 1455
errichteten Burg der
Herren von Hüls (Krefeld-Hüls) konnten drei Sondierschnitte angelegt
werden Sie lieferten wertvolle Ergänzungen zur Baugeschichte. So
zeigte sich, dass ein
1955
rekonstruiertes zweites Tor in Wirklichkeit den
Standort eines abgegangenen Mauerturms kennzeichnet. Auch ließ sich
nachweisen, dass der in einem Inventar aus dem
Jahre 1565
beschriebene Saalbau nicht zum Erstbestand gehörte, sondern erst gegen
Ende des 15. Jahrhunderts
eingefügt wurde. Vor allem ergab sich, dass die Burg ursprünglich als
reine Wasserburg ohne eine den äußeren Mauerfuß schützende Berme
(Erdanschüttung) konzipiert worden war. Bald eintretende Bauschäden
führten jedoch stellenweise schon am
Ende des 15. Jahrhunderts
zur Anlage von Lehmsicherungen und wenig später dann auch zu Anfüllungen
von Abfallmaterial. Den umfangreichsten Eintrag in den ehemaligen
inneren Burggrabenbereich verdanken wir jedoch offenbar größeren
Zerstörungen und anschließenden Reparaturarbeiten in der
zweiten Hälfte des 16.
Jahrhunderts. Vermutlich
besteht hier ein Zusammenhang mit der historisch bezeugten Belagerung
von Hüls im
Jahre 1583.
Trotz der Renovierungen war die Glanzzeit der Burg am
Ende des 16. Jahrhunderts
vorüber, zumal sie nach einer starken Zerstückelung des Besitzes durch
Erbteilung
(1565)
nur noch von unterschiedlichen Verwaltern bewohnt wurde.
Um 1700
scheint sie endgültig verfallen zu
sein. Von der letzten Nutzungszeit der Burg zeugen nur wenige Funde aus
den drei Sondierschnitten. Trotz der begrenzten Schnittflächen erlauben
die Funde einen Einblick in die Sachkultur einer kleinherrschaftlichen
Wasserburg während des
15. und 16.Jahrhunderts. Sie spiegeln den Alltag
und die
Frömmigkeit der Burgbewohner wieder. Umfangreich waren vor allem die geborgenen Keramikinventare. Neben Grauwaren des
15.Jahrhunderts
fanden sich viele Fragmente der neuen glasierten und oxidierend
gebrannten Irdenware. Weiterhin sind teilweise reich verzierte
Steinzeuggeschirre aus Frechen, Raeren und Siegburg belegt. Ergänzt
werden diese durch Gläser mit gestochenem Boden, Kreuzrippen oder
Nuppenauflagen des
15. Jahrhunderts.
Maasländische Keramik und
niederländische S-förmige Dachpfannen, die stratigraphisch in das
16. Jahrhundert
zu datieren sind, verweisen auf einen engen Kontakt der Hülser
Burgherren in die
benachbarten Niederlande. Dies findet seinen
besonderen Ausdruck in einer fragmentierten flachen Majolikaschüssel
(Abb. 1).
Der durch ein gereihtes Blütenmotiv gefasste Spiegel zeigt ein
gegenständig angelegtes christliches Kreuz, daneben eine
gotische Minuskel „i“,
die zu „ihs“
ergänzt werden kann. Die in Flandern oder den nördlichen
Niederlanden hergestellte Schüssel mit frommer Gestaltung datiert
in die Mitte des 16.
Jahrhunderts
und ist somit ein sehr früher Nachweis dieser Ware am Niederrhein.
Eindeutiger noch als die Schüssel spiegelt sich die Frömmigkeit der
Burgbesatzung in einem Relieffragment aus Pfeifenton (Abb. 2).
Es zeigt ein fein ausgearbeitetes Gesicht, dessen Gesichtszüge und die
Haartracht an den Bestandteil einer spätgotischen Verkündigungsszene des
14.- 15. Jahrhunderts denken lassen. Bestätigung findet diese Einordnung
durch zwei Funde der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts aus einer
Privatsammlung, die im
nördlichen Burgbereich geborgen worden sein
sollen. Sie gelangten vermutlich mit dem Abraum einer ersten Burgsanierung im
Jahr 1952 in den nördlichen Burggraben. Es handelt sich
um zwei Pfeifentonfiguren - ein vollplastischer Jesusknabe und eine
halbplastische Darstellung einer stillenden Muttergottes -‚ die im Stil
dem niederrheinisch-niederländischen, teilweise auch dem
mittelrheinischen Raum zuzuordnen sind, aber auch Einflüsse süddeutscher
Vorlagen zeigen. Man kann sie sich auf kleinen Hausaltärchen, Borden
oder Kaminsimsen ausgestellt vorstellen. Ein weiterer Fund frommen
Inhalts ist ein Pilgerzeichen aus legiertem Blei unsicherer
Heiligenzuordnung aus der
zweiten Hälfte des 15. bis
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
An weiteren Funden aus Metall fanden sich
ein in gotischer
Manier verzierter Eisenbeschlag einer Truhe, ein mit gereihtem
Blattdekor und pilasterartigen Absätzen verzierter Zinnlöffel
(Abb. 3),
der am Stielende einen
januskopfförmigen Abschluss
zeigt und in die zweite Hälfte
des 16. Jahrhunderts datiert,
sowie ein Speisemesser aus Eisen mit hölzernen Griffeinlagen und eine
Messingabdeckplatte, die alle einem Inventarverzeichnis aus dem
Jahr 1565
zugeordnet werden können. Funde, die in Bezug zu Bau und Instandhaltung
der Burg stehen, sind Werkzeuge eines Zimmermanns sowie drei Fragmente
von Lederschuhen - zwei Sohlen und ein Oberleder -‚ die dem Bauhorizont
kurz nach
1455
entstammen. Es handelt sich um Teile eines halbhohen Schuhtyps mit
leicht abgerundeten Spitzen und Lederknopfverschluss. Vergleichbare
Schuhe fanden sich u. a. in
spätmittelalterlichen
Schuhmacherabfällen aus dem Krefelder Stadtteil Linn.
Auffallend ist die geringe Größe eines der Schuhe, der wahrscheinlich
einem älteren Kind oder einer Frau zuzuordnen ist.
Literatur:
Julich, P, : Pilgerzeichen und
Motivschüssel - Zwei Realien spätmittelalterlicher
Volksfrömmigkeit aus der Hülser Burg. Hülser Heimatbl. 52,
2005, 133 – 140.
-
Reichmann, Ch. : Ausgrabungen an
der Burgruine in Hüls. Die Heimat 76, 2005, 73- 83.
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